Meeressinfonie
Feuer, Wasser, Erde
Leuchtender Wasserspiegel
Rot flammt der Himmel im Westen, der Feuerball der Sonne sinkt hinab ins Meer, goldene Lanzen stechen hoch hinauf ins Firmament, zünden eine leuchtende Lohe an, die über die weite Kuppel läuft und im Osten langsam verglast Ihr Widerschein läßt den Wasserspiegel erglühen, den weißen Sand von Dünenkranz und Strand hell aufleuchten. Feuer, Wasser, Erde, ein gewaltiger Dreiklang, der jetzt leise verklingt !
Ein schöner Sommersonnentag geht zu Ende, ein Tag, dem Sturmtage vorauf gingen, 'da das Meer gewaltige Wellenberge in heulender Wut gegen die starke Strandmauer warf, daß Gischt und Wasserstaub bis in Borkums Straßen sprühten. Klatschend fielen die Wogen zurück, rollten donnernd wieder in ihr altes, breites Bett, orgelten in der Tiefe, um dann erneut sich brüllend über die Buhnen zu ergießen. Im kosmischen Gesang erstand die alte Mythe: „Die alte Midgardschlange, sie bäumt in Fesseln sich auf und wallt und schäumt!“ – Jetzt aber hat die Uralte sich schlafen gelegt. Noch fliegt ein letzes Leuchten über die Weite, ein letzter Abglanz des scheidenden Tages. Dann fließt das Silber des Mondes über den Meeresspiegel. Der hohe Leuchtturm wirft seine Lichtbahn fern hinaus, Querfeuer senden ihre farbigen Signale, hier blitzt, dort blinkt und leuchtet es! Es sind die Wegmarken des Meeres. „Herr, geleite, die draußen sind!“
In tiefer Stille und Einsamkeit schreite ich langsam die Treppen hinunter, stehe hoch auf der Kante der Strandmauer und schaue hinaus in die Unendlichkeit. Und da steigt es herauf aus der Tiefe des Wassers, silbrig-golden, wie gleißend Metall. Ein Goldsaum, ein funkelnder, tinkelnder Goldsaum legt sich um den weißen Strand, in Goldfluten treibt einer träumenden Möwe weißer Leib, am Kopf der Buhne sprühen Diamanten, es blitzt und blinket in jeder Welle. Meeresleuchten, du märchenschönes Wunder, du köstlichster Akkord in der Sinfonie des Meeres. Im Herzen des Einsamen erwacht die Kinderzeit mit ihrem seligen „Es war einmal!“
H. van Dieken