SOS - Rettet unsere Seelen
Seeunfall Hindenburg
Seeunfall Alfried Krupp
Vormänner der Station Borkum
Börkum hett Tied för di | Breite 53´33´N | Länge 6´45´E
Eilandticker über und von Borkum
Wenn dieser Hilferuf durch den Äther ertönt, oder wenn ein einsamer Wanderer an der Küste oder am Strande der Insel die Notsignale eines gestrandeten Schiffes erblickt und diese Beobachtung meldet, dann beginnt mit allen Mitteln der modernen Technik, sei es telefonisch, sei es telegrafisch oder funkentelegrafisch, der gesamte Apparat des Seenotmeldedienstes, der die vielen Rettungsstationen an der deutschen Küste in einem engmaschigen Netz zusammenfaßt, in Aktion zu treten. Die jeweilige Leitstelle prüft anhand von Karten, auf denen Küste und Seegebiete in Planquadrate aufgeteilt sind, von welcher Station aus die Rettungsmaßnahmen am zweckmäßigsten und am schnellsten getroffen werden können. In kürzester Zeit werden dort von Männern mit jahrelanger Erfahrung, von Männern, die oft selbst fast ein ganzes Leben zur See fuhren und wissen, was es bedeutet, auf gestrandeten Schiffsplanken den Gewalten des Meeres hilflos gegenüberstehen zu müssen, der Plan zur Rettung entworfen und ebenso schnell die Rettungsstationen benachrichtigt. Während das sich in Not befindliche Schiff durch Funk oder mit Hilfe optischer oder akustischer Geräte benachrichtigt wird, daß Hilfe naht, fährt das Rettungsboot mit seiner Besatzung bereits aus der Station, um so schnell wie möglich durch oft haushohe Brecher und Wellentäler an die Schiffbrüchigen heranzukommen. Unter Einsatz ihres Lebens müssen die freiwilligen, selbstlosen Retter den Versuch, mit dem Wrack Verbindung zu bekommen, meist mehrmals wiederholen, da die gefährlichen Grundseen auf den Sandbänken dieses Heranpirschen so schwierig und gefahrvoll machen und das Boot durch Aufsetzen auf den dort gewöhnlich sehr flachen Grund blitzartig zertrümmern können. Stundenlang dauert oft dieses so unendlich schwierige Rettungswerk, und nur der selbstlose Einsatz und hohes seemännisches Können bilden die Voraussetzung für das Gelingen der Rettung überhaupt.
Mancher Leser dieser Zeilen wird fragen, wie und wann es denn zur Gründung dieses großen und edlen Rettungswerkes kam. Zwei Strandungen um die Mitte des vorigen Jahrhunderts gaben die unmittelbare Veranlassung hierzu. Am 8. November 1854 strandete bei der Insel Spiekeroog das Auswandererschiff "Johanna'' mit mehreren Hundert Menschen an Bord. Viele von ihnen fanden den nassen Tod, und vom Strande der Insel aus waren erschütternde Szenen zu beobachten, ohne daß diesen Armen Hilfe gebracht werden konnte. Sechs Jahre später, am 10. September 1860, strandete vor Borkum die Brigg "Alliance". Wiederum mußten die Insulaner zusehen, wie von der Besatzung dieses Havaristen einer nach dem andern von den Brechern über Bord gerissen wurde, ohne daß man hätte Hilfe bringen können. Diese Vorgänge griff die kleine „Vegesacker Wochenschrift" auf und machte die Feststellung, daß es eine Schande für Deutschland sei, daß an dessen Küsten so etwas noch passieren könne, während z. B. in England schon vor langer Zeit Küstenrettungsstationen eingerichtet worden seien. Solche und ähnliche Artikel erschienen in dieser kleinen Zeitung immer wieder und so lange, bis man sie einfach nicht mehr übersehen konnte und dazu Stellung nehmen mußte. Schon bald kristallisierte sich aus den vielen Diskussionen über dieses Thema der Plan zu einer Organisation heraus, der dann auch am 2. März 1861 in der Gründung des ,,Emder Rettungsvereins" seine Realisierung fand. Dieser Gründung folgten 1862 der „ Hamburger Rettungsverein" und 1863 der „Bremer Rettungsverein". Am 29. 5. 1865 aber wurde in Kiel die ersehnte Vereinigung aller Beteiligten durch die Gründung der ,,Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger" erreicht.
Auf Borkum wurde im Jahre 1862 die Rettungsstation West und 1863 die Station Ost errichtet. Sie waren mit je einem Rettungsboot, sogenannten Francis-Booten, ausgerüstet, die den Namen „Ostfriesland" und „Upstalsboom" führten. Der erste Vorsteher war der Amtsvogt Abtmeyer, der erste Vormann hieß Teerling. 1874 wurden diese Francis Boote durch sogen. deutsche Ruderrettungsboote ersetzt, die sich bis zur Einführung der Motor-Rettungsboote hervorragend bewährt haben. Im Jahre 1918 wurde das erste Motor-Rettungsboot „Carl Laeisz" als Strandrettungsboot in Borkum stationiert. Das erste 14 m lange Doppelschraubenboot „Hindenburg“ mit Dieselmotor kam 1927 nach Borkum. Ihm folgte 1932 das Boot „August Nebelthau" und 1937 das Boot „Hindenburg", welches 1940 unter seinem bewährten Vormann Hans Lüken mit 5 weiteren Rettungsmännern vom Einsatz nicht zurückkehrte. Nachdem in der Folgezeit noch die Boote „Konsul Kleyenstüber" und „Geheimrat Gerlach" hier stationiert waren, kam kurz nach dem zweiten Weltkrieg das Motor-Rettungsboot „Borkum" nach hier, das z. Zt. unter Führung seines Vormannes W. Eilers fährt. Von den 8 823 an deutschen Küsten aus Seenot geborgenen Menschen entfallen allein auf die Station Borkum 674.
Mit Dankbarkeit und Stolz blicken wir auf unsere Rettungsmänner. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes Helden im Dienste der Menschheit. Ihr Einsatz wird weder befohlen noch bezahlt und verkörpert die Tugenden edelsten Menschentums. Gott segne das Rettungswerk!
Dr. Theo Speer
Strandvogt u. Mitglied des Vorstandes des Ortsausschusses Borkum der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.